Nach einer gefühlten Ewigkeit habe ich in dieser Woche wieder etwas Zeit für ein einigermaßen konzentriertes Fotoshooting gefunden. Vor knapp einem Jahr war ich das erste Mal in der Weißach-Klamm bei Wildbad Kreuth unterwegs – und begeistert gewesen. Damals bei hochsommerlichen Temperaturen über 30 Grad aber noch ohne passendes Filter-Set. Diesmal wollte ich vor allem meinen Big Stopper von LEE-Filters intensiv testen und diverse Einstellungen ausprobieren. Und der Test fiel in der Tat intensiv aus …
Die Weißach-Klamm
Die Weißach-Klamm ist wunderbar mit öffentlichen Verkehrsmitteln (Bus) und auch mit dem Auto erreichbar, da der Wandererparkplatz direkt, also wirklich direkt, am Eingang zum Kreuth-Klamm-Weg liegt. Von dort aus gehe ich keine fünf Minuten auf einem geschotterten Weg, bevor ich links in die Botanik abbiege. Auf den trockenen Felsen ist genügend Platz, in aller Ruhe die Ausrüstung auszupacken und auszubreiten. Und Ruhe habe ich. Denn ein Shooting mit Filtern erfordert viel Denkarbeit – aber sicherlich kein hohes Tempo. Ganz im Gegenteil, man ist durch die zahlreichen Arbeitsschritte, die es zu beachten gilt, recht schnell innerlich entspannt. An meiner Lieblingsstelle windet sich das Wasser über mehrere Kaskaden ins Tal. Die ergiebigen Niederschläge der letzten Tage und Wochen haben die Weißach ordentlich gefüllt und so schießt das Wasser mit enormer Kraft durch die Klamm. Perfekt also für Langzeitbelichtungen mit dem Big Stopper, die das Wasser komplett weich vernebeln.
Den einen Ort gibt es natürlich nicht – und ich mache mich auf die Suche nach einer geeigneten Position und einer Perspektive, bei der ich die Kontraste zwischen scharfem Fels und weichem Wasser gut herausarbeiten kann. Das Stativ braucht einen festen Standplatz (bei Felsen normalerweise kein Problem). Hier muss ich heute aufpassen, weil die Steine erstaunlich rutschig sind.
Langzeitbelichtungen in der Weißach-Klamm
Zuerst mache ich eine Aufnahme ohne Filter, um die Belichtung sauber abzustimmen. Dabei kommt auch ein ND 0.6 Soft Grad-Filter von Lee zum Einsatz, um die starken Helligkeitsunterschiede im gewählten Bildausschnitt auszugleichen. Wenn die Belichtung dann im Histogramm ausbalanciert ist, gilt es folgende Schritte zu beachten. Ausschalten des Bildstabilisators (falls einer in Objektiv oder Kamera verbaut ist), Ausschalten des Autofokus, Abdecken des Suchers (um Lichteinfall zu vermeiden), Anschließen des Fernauslösers, Einschalten der Spiegelverriegelung, Einschieben des Big Stoppers in den Filterhalter. Da der Big Stopper nichts anderes als eine sehr, sehr, sehr dunkle neutralgraue extrem hochwertige, optische Glasscheibe ist, muss der Autofokus ausgeschaltet sein – denn sonst begibt er sich auf eine unendliche und vor allem unerquickliche Suche nach einem zu fokussierenden Objekt, das er nicht findet. LEE-Filters hat übrigens eine sehr nützliche (und dazu noch kostenlose) App auf den Markt gebracht, die einem bei der Umrechnung der Belichtungszeit hilft – denn genau das muss ich nun tun. Ich lese auf der Kameraanzeige 1/4-Sekunde reguläre Belichtungszeit ab – und stelle diese in der App ein. Das Ergebnis: Mit dem Big Stopper muss ich nun satte 4 Minuten belichten! Das heißt, der Filter verlängert die Belichtungszeit um 10 Blendenstufen, ohne dass ich abblenden muss. Und zeichnet so fließendes Wasser extrem weich. Gut, dass ich zwei Reserveakkus dabei habe 😉
Nach einigen Aufnahmen relativ weit unten in der Klamm packe ich meinen Rucksack und wechsle den Standpunkt. Ich will weiter nach oben. Dazu muss ich relativ dicht am Wasser ein wenig klettern. Und im Gegensatz zum letzten Jahr sind die meisten Felsen diesmal doch sehr glitschig… Es kommt, was kommen muss. Ich rutsche kurz ab, die Kamera mit dem Filteraufsatz und dem Big Stopper schlägt gegen meinen Brustgurt – und der Filterhalter samt Big Stopper verabschieden sich mit einem leisen Platsch in die Weißach. Doch ich habe Glück im Unglück und kann Beides wieder aus dem Wasser fischen. Nun heißt es ordentlich und sorgsam den Filter putzen … und darauf hoffen, dass die Scheibe den Wasserfall ohne Kratzer überstanden hat. Ja, alles ok. Dass mein „intensives Testen“ ein Vollbad des Big Stoppers beinhalten würde, hatte ich natürlich nicht geahnt.
Ich beschließe, nach einigen Aufnahmen wieder umzukehren und die Weißach-Klamm noch ein Stück klammabwärts zu begleiten. Ich gehe ca. 150 m auf dem Wanderweg Richtung Wildbad Kreuth und biege gleich nach einer kleinen Brücke wieder rechts ab, da ich einen kleinen Seitenarm entdecke, der direkt in die Weißach fließt. Und dort beziehe ich noch einmal Stellung, baue Stativ, Kamera und Filter auf und genieße die wärmenden Sonnenstrahlen, da es im vorderen Teil der Klamm doch recht schattig war. Hier fällt mir vor allem ein toter Baum auf, der quer ins Wasser ragt. Ich erfrische mich mit dem eiskalten Gebirgswasser, bade die Füße darin und mache mich dann wieder auf den Weg zum Auto. Wo ich mich über einen Strafzettel und vor allem über mich selbst ärgere – habe ich doch vergessen, die Parkuhr mit einigen Euronen zu füttern. Aber das ist nur ein kleines Ärgernis – denn der Verlust des Big Stoppers wäre ungleich teurer gewesen …
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